Der folgende Text stammt nicht aus meiner Feder, sondern von Pfarrer Hendrick Jolie, der ihn unter dem Titel: "Sind Sie konservativ?" hier veröffentlicht hat. Pfarrer Jolie fasst mit so treffenden Worten das zusammen, was in mir schon seit längerem Unbehagen hervorruft, dass ich um die Erlaubnis bat, seinen Artikel hier veröffentlichen zu dürfen.
"Ein Katholik denkt global und handelt lokal. Er ist auf der ganzen
Welt zuhause, aber damit noch nicht genug: Der Begriff des
"Katholischen" (= "allumfassend") erstreckt sich nämlich nicht nur
räumlich auf jedes Land dieser Erde. Wendet man den Begriff auf die
Zeit an, so könnte man sagen: Nicht nur an jedem Ort dieser Welt sind
Katholiken zuhause, sondern in jeder Epoche, in den
vergangenen wie in allen zukünftigen. Zum Katholischsein gehören die
Heiligen der vergangenen Jahrhunderte ebenso wie auch alles, was die
Vorsehung Gottes für die Kirche und ihre Gläubigen noch
vorbereitet hat.
Das großartigste Zeugnis dieser "katholischen" Geisteshaltung hat
uns der Heilige Johannes mit dem letzten Buch der Heiligen Schrift
geschenkt: Die Offenbarung des Heiligen Johannes ist ein Blick
in den Himmel, der die universale (eben "katholische") Bedeutung
Christi und seiner "Kirche" sichtbar werden lässt. Alle Epochen, alle
Stämme und Völker sind berufen, dem geopferten Lamm zu
dienen.
Diese Sicht ist für provinziell begrenztes Denken eine Zumutung.
Deshalb haben clevere Geister den Begriff "konservativ" aus der Politik
und der Soziologie geraubt, um ihn in die Kirche als
Kampfbegriff einzuführen. Der Begriff soll fortan nicht länger eine
soziologische oder politische Gruppe charakterisieren (in diesem -
politischen - Sinne gab es immer Konservative und Liberale
in der Kirche). Er wird nun direkt auf den Glauben angewendet.
Der Begriff "konservativ" (und seine Geschwister "erzkonservativ",
"reaktionär") dient nun zur Stigamtisierung von Katholiken, die am
Glauben der Kirche festhalten. Wer den Suchbegriff
"konservative Katholiken" im Internet eingibt, erhält genau dieses
Bild: Konservativ ist demnach, wer z.B. gegen Abtreibung ist und für den
Schutz der sakramentalen Ehe einsteht. Konservativ ist,
wer den Papst für unfehlbar, die kirchlichen Dogmen für wahr und die
Gebote Christi und seiner Kirche für heilsnotwendig hält.
Eigentlich sind solche Leute nicht als "konservative Katholiken",
sondern - tautologisch - als "katholische Katholiken" zu bezeichnen. Der
Kampfbegriff des "Konservativen" suggeriert jedoch, dass
es - wie in der Politik - auch im Hinblick auf den Glauben
"konservative" und "progressive" Strömungen geben kann. Der Begriff der
"Reform", des "Fortschritts" oder - neuerdings - des "Aufbruchs"
wird dabei von jenen beansprucht, die z.B. in den o.a. Punkten
Ansichten vertreten, die mit der Lehre der Kirche unvereinbar sind. Auch
hier hilft der Suchbegriff "Reformen der Katholischen
Kirche" weiter.
Die Einführung ideologischer Begrifflichkeit (konservativ - liberal)
in den Diskurs über Glaube und Moral zeugt von terminologischer
Unkenntnis und ist schon rein strategisch gesehen ein Irrweg.
Sie verhindert die sachorientierte Auseinandersetzung über das, was
zum unverrückbaren Glaubensgut der Kirche gehört und was tatsächlich als
"Verhandlungsmasse" anzusehen ist. Andere Milleus
würden sich gegen eine solche Ideologisierung wehren. Ist z.B. eine
Chirurgentagung denkbar, bei der sich jene Ärzte, welche die
Hygienevorschriften ihres Krankenhauses einhalten, als
"konservativ" bezeichnen lassen würden?
Es ist allerhöchste Zeit, die ideologischen Hintergründe der
momentanten Diskussion zu durchschauen. Leider übernehmen selbst
Bischöfe in den Medien die Schlagworte "konservativ" und "liberal" -
z.B. wenn Sie behaupten, sie gehörten nicht zum "konservativen
Flügel" der Bischofskonferenz. Die einzig richtige Antwort wäre die
Zurückweisung des Begriffs "konservativ" oder "liberal", weil er
in Fragen des Glaubens kein passender Begriff ist. Es gibt keinen
konservativen oder progressiven Glauben. Die Wahrheitsfrage kann nicht
mit soziologischen Begriffen erläutert werden.
Ein Tipp: Werden Sie sensibel dafür, wenn in Gesprächen über Glaube
und Kirche Begriffe wie "Fortschritt", "Rückschritt", "Offenheit",
"Reformen" etc. verwendet werden. Fragen Sie nach, was damit
gemeint ist. Weisen Sie es zurück, wenn Katholiken (insbesondere
auch Priester), die den Glauben und die Lehre ihrer Kirche ernstnehmen,
fälschlicherweise als "konservativ" bezeichnet werden.
Der Verfall unserer Diskussionskultur hängt eng mit dem Verfall der
Sprache und einer unscharfen Begrifflichkeit zusammen. Dem sollten
Katholiken widerstehen, soweit es in ihrer Macht steht."
Sehr bedenkenswert!
AntwortenLöschenEine kleine Ergänzung dazu ist vielleicht Folgendes (wiewohl auch D.v.Hildebrand überhaupt sehr als Lekzüre zu empfehlen ist):
http://frischer-wind.blogspot.de/2012/02/konservativ.html
Liebe Grüße!
Danke Ihnen für diesen interessanten Blog.
AntwortenLöschenGottes Segen!
Was Pfarrer Jolie hier sagt, stimmt! Und ich glaube, eine große Chance für die Kirche, heute noch wahrgenommen zu werden, liegt in solchen "konservativen" (Entschuldigung, war nur ein Zitat, ich sag's nie wieder!) Pfarrern, die gleichzeitig ihre Hauptaufgabe darin sehen, Gott und den Menschen zu dienen und den Glauben weiter zu geben!
AntwortenLöschenJa. Das authentisch - Katholische muß wieder in den Vordergrund gerückt werden, das was immer katholischer Glauben und Tradition war, und nicht eine Karikatur dessen.
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