Freitag, 30. Dezember 2011

Adios 2011

Jaja, wie schnell doch die Zeit vergeht...
Ich wünsche allen, die sich gelegentlich auf diese Seite "verirren" eine gesegnete Weihnachtszeit und ein schönes Jahr 2012.

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Gebet

Ein wunderschöner geistlicher Text von J.M. Nouwen ( 1932 - 1996 ), römisch - katholischer Priester, Psychologe und geistlicher Schriftsteller, niederländischer Herkunft, über das Beten:
"Beten ist die eigentliche Disziplin des Augenblicks. Wenn wir beten, treten wir ein in die Gegenwart Gottes, dessen Name Gott-mit-uns ist. Beten heißt, dem aufmerksam zu lauschen, der hier und jetzt zu uns spricht. Wenn wir den Mut haben, darauf zu vertrauen, dass wir niemals allein sind, sondern Gott immer mit uns ist, immer für uns sorgt und immer zu uns spricht, werden wir uns mit der Zeit von den Stimmen befreien, die uns plagen und ängstigen, und uns dann zubilligen, im gegenwärtigen Augenblick zu leben. Dies bedeutet, sich einer großen Herausforderung zu stellen, denn radikal auf Gott zu vertrauen fällt keinem in den Schoß. Die meisten mißtrauen Gott, halten ihn für einen furchterregenden, strafenden, autoritären Herrscher oder für ein blankes, machtloses Nichts. Der Gott, den Jesus verkündet, ist weder ein machtloser Schwächling noch ein mächtiger Boss. Im Mittelpunkt der Verkündigung Jesu steht die Botschaft vom liebenden Gott, der sich danach sehnt, uns das zu geben, wonach unser Herz sehnlich verlangt.
Beten heißt, auf diese Stimme zu hören. Das Wort Gehorsam, und noch deutlicher das entsprechende lateinische oboedientia, das sich von "obaudire - mit großer Aufmerksamkeit hören, lauschen" ableitet, meinen vor allem solch eine Haltung des Lauschens. Ohne Hinhören und Lauschen werden wir für die Stimme der Liebe taub. Das lateinische Wort für taub ist "surdus". Vollkommen taub sein heißt "absurdus", ja absurd. Wenn wir nicht mehr beten, nicht mehr auf die Stimme der Liebe hören, die in diesem Augenblick zu uns spricht, wird unser Leben zu einem absurden Leben, in dem wir zwischen Vergangenheit und Zukunft hin- und hergeworfen werden.
Wenn uns jeden Tag dieses Hören und Lauschen wenigstens für ein paar Minuten - dort, wo wir gerade sind - gelänge, würden wir entdecken, dass wir nicht allein sind und das der, der mit uns ist, nur das eine will: uns Liebe schenken.
Das Hören auf die Stimme der Liebe erfordert, dass wir Herz und Sinn aufmerksam auf diese Stimme richten. Wie kann das geschehen? Der fruchtbarste Weg besteht meiner Erfahrung nach darin, sich ein einfaches Gebet, einen Satz oder auch nur ein Wort auszuwählen und es langsam zu wiederholen. Besonders geeignet sind das Vaterunser, das Jesusgebet, der Name Jesus oder ein anderes Wort, dass uns an die Liebe Gottes erinnert und sie in die Mitte unseres inneren Raumes stellt wie eine brennende Kerze in eine dunkle Kammer. Wahrscheinlich werden wir dabei ständig abgelenkt werden. Es wird uns durch den Kopf gehen, was gestern passiert ist, und wir werden uns Gedanken darüber machen, was morgen geschehen mag. Wir werden in unserer Phantasie lange Diskussionen mit Freund und Feind führen, werden, werden Pläne für den kommenden Tag schmieden, ein bevorstehendes Gespräch entwerfen oder unsere nächste Sitzung in Gedanken organisieren. Doch solange wir darauf achten, dass die Kerze in unserer dunklen Kammer nicht erlischt, können wir uns immer wieder dieses Licht zunutze machen und die Gegenwart dessen klar erkennen, der uns das anbietet, wonach wir am meisten verlangen.
Dies mag nicht immer eine befriedigende Erfahrung sein. Oft sind wir so mit uns beschäftigt und so wenig in der Lage, innere Ruhe zu finden, dass wir es gar nicht erwarten können, uns wieder in das Getriebe zu stürzen und damit der Konfrontation mit dem chaotischen Zustand unseres Herzens und unserer Sinne aus dem Wege zu gehen. Doch wenn wir unserer Übung treu bleiben, auch wenn es täglich nur 10 Minuten sein sollten, werden wir nach und nach - durch das Kerzenlicht unseres Betens - erkennen, dass es in uns einen Ort gibt, an dem Gott wohnt und an dem wir eingeladen sind, mit Gott zusammen zu wohnen. Eines tages werden wir diesen inneren, heiligen Ort als den schönsten und kostbarsten ansehen, den wir aufsuchen können, um hier zu verweilen und geistlich gestärkt zu werden."

Bedauerlicherweise war es mir nicht möglich, die Originalliteratur, der dieser Text entstammt, ausfindig zu machen. Diesen Text habe ich aus dem Buch: Was ist inneres Beten? von Reinhard Körner, 2002, Vier Türme Verlag.



 

Samstag, 3. Dezember 2011

Nacht des Zweifels


Auch so etwas gehört in ein katholisches Blog – das Ringen um den Glauben. Die Auseinandersetzung mit der Anfechtung. Manchmal ist es krass. Ja, Glaube und Zweifel gehören zusammen - Fluch und Segen zugleich: Was wenn die Welt doch Sinn- und Zwecklos entstanden ist? Die dunkle Nacht des Unglaubens dieser Zeit umspült mich häufig wie eine überwältigende Woge der ich kaum etwas entgegensetzen kann. Hineingeschubst in ein im Grunde sinnloses Dasein und doch im Bewusstein der eigenen Endlichkeit - wie ein grausamer Scherz einer absichtslosen Kausalität von Ursache und Wirkung, der sich nichts und niemand entziehen kann. Wenn das eine Prüfung ist, dann die schlimmste vorstellbare. Ich vermute, dass es Ihnen manchmal auch so geht lieber Leser - oder? Die Vorstellung dass der Glaube nur der Seufzer der bedrängten Kreatur ist, dringt dann wie ein stark wirkendes Gift in meine Seele und trägt als Frucht die Verzweiflung. Ist Gott so fern weil er so nah ist? Oder existiert er schlicht und ergreifend nicht? Der Glaube als Realitätsflucht, als Exil im Land der Illusion? Manchmal kann ich es nur aushalten, und wieviel anderen geht es ebenso? Es ist ein Signum unserer Zeit, dass viele Menschen die Konsequenz einer sinnlosen Welt ignorieren oder verdrängen, gefangen im Alltag der Pflichten und der Verantwortung, die das Bewusstsein gefangen nehmen und nur in den ruhigen Stunden, vielleicht wenn man des Nachts schlaflos im Bett liegt, eine Ahnung davon haben, was es eigentlich bedeuten kann, wenn es Gott nicht gibt. In solchen Stimmungen wie jetzt spüre ich das zutiefst existentielle meines Glaubens, und es irrt wer da sagt, der Gläubige macht es sich zu einfach, denn es ist doch nur allzuoft so, dass der Glaube wie eine flackernde Kerzenflamme ist, die man in einer stürmischen Nacht nicht ausgehen lassen möchte, weil sie eigentlich das Wichtigste ist, auch wenn dies heute für viele nur einem ängstliches Festhalten an einer Wunschvorstellung gleichkommt. Es gibt vielleicht nur wenige die wirklich glauben, und wenige die wirklich nicht glauben, aber zwischen beiden Seiten wird ein erbitterter, geistiger Kampf ausgefochten, während die Masse, unterstützt durch Konsumangebote aller Art abgelenkt wird. Es ist eine schlimme Vorstellung so geprüft zu werden, aber sie ist nicht ohne Trost - wenn man sie besteht. Nein - ich werde im Glauben verharren, aber meine Seele ist die Zweifel leid, je mehr ich in den Glauben hineinwachse - umso schlimmer werden die Anfechtungen und sie kommen immer dann, wenn ich sie am wenigsten erwarte.

Samstag, 26. November 2011

Advent

Allen Lesern und ihren Lieben wünsche ich einen schönen ersten Advent und ein gnadenvolles, neues Kirchenjahr. Der christliche Glaube umfasst Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichermaßen. Früher dachte ich immer, Advent bedeute ausschließlich die Ankunft des Herrn bei seiner Menschwerdung, aber Advent hat ja noch einen weiteren Sinn, nämlich die Parusie, die Wiederkunft Christi. Wie mag man sie sich vorstellen?

"Ich sah in den nächtlichen Visionen: Da kam mit den Wolken des Himmels eine Gestalt wie ein Menschensohn; er gelangte bis zu dem Hochbetagten und wurde vor ihn hingeführt. Ihm wurde Macht, Herrlichkeit und Königsherrschaft verliehen. Alle Völker, Nationen und Sprachen dienten ihm. Seine Herrschaft ist eine ewige, unvergängliche Herrschaft. Sein Königtum geht niemals unter." Dan.7,13 - 14

Für die Urgemeinde war diese Vision aus dem Buch Daniel ein Bild sowohl für die Auferstehung, wie für die Wiederkunft Christi. Möge das neue Kirchenjahr uns allen eine vertiefte Einsicht in die Geheimnisse des Glaubens gewähren. 

Politik und Religion

Wieviel Politik verträgt eine Religion? Ich stelle mal die Hypothese auf, dass sich Religion als ein System von Glaubenssätzen, kanonischen Schriften, rituellen Handlungen und ethischen Normen nicht sehr gut mit Politik verträgt. Daher halte ich die Trennung von Kirche und Staat für sinnvoll. Wenn ich schreibe, dass sich Politik und Religion nicht gut miteinander vertragen, meine ich natürlich nicht, dass man als religiöser Mensch unpolitisch sein soll - das nun gerade nicht. Man kann ja aus einer religiösen Überzeugung heraus bestimmte politische Grundhaltungen und Ziele formulieren, auch wenn das heutzutage mit Argwohn betrachtet wird, dem aufgeklärten Zeitgenossen ist es lieber, wenn man sein moralisches Koordinatensystem aus der Aufklärung bezieht, ganz so, als wäre sie beziehungslos in einem historischen Vakuum entstanden. Das Problem scheint mir eher darin zu bestehen, dass Politik die Kunst des Machbaren ist, (habe ich mal irgendwo gelesen) und somit immer auf einen Konsens abzielt, der möglichst viele mit ins Boot holt. Das wiederum beinhaltet aber auch, dass man Abstriche an der eigenen Position hinnehmen muss, ja sie manchmal sogar um eines höheren Gutes wegen gänzlich beiseite schieben muss. Das lässt sich ja am Beispiel der CDU/CSU ganz gut erkennen. Demgegenüber sind Glaubensfragen nicht verhandelbar. Beurteilt man die katholische Kirche in Deutschland aber nach politischen Kategorien, wird das Volk Gottes schnell eingeteilt in progressiv und konservativ, b.z.w. links und rechts. Ganz vereinfacht ausgedrückt sind die Progressiven die Guten, und die Konservativen die Doofen aus dem Gottesvolk. Wer allerdings religiöse Überzeugungen so beurteilt, fischt im Trüben, denn er bringt eine Kategorie mit ins Spiel, die am Wesentlichen der Kirche vorbeigeht. Das Problem besteht meines Erachtens darin, dass man nicht so sehr aus religiösen Überzeugungen heraus politische Ziele formuliert, die in den gesellschaftlichen Diskurs eingebracht werden, sondern, dass die Kirche von ihren Mitgliedern selbst zum Gegenstand für politisch motivierte Veränderungen gemacht wird. Das aber bedeutet, dass jene Kirche, die von ihrem Selbstverständnis her ein Werkzeug des Heils ist, damit die ihr Zugehörigen dann die Welt heiligen können, im Prinzip nach weltlichen Maßstäben verändert werden soll. Das wäre dann die vielzitierte Selbstsäkularisierung der Kirche, die mir großes Unbehagen bereitet. Die Kirche ist ein spiritueller Raum und nicht ein Ort für gesellschaftliche Emanzipation. Aber genau das können viele Katholiken heute nicht mehr akzeptieren, weil die Kirche mit ihrer ganzen Überlieferung für sie in unerträglicher Spannung zur heutigen, demokratisch verfassten Gesellschaft steht. Dennoch ist sie kein „sozialer Verein“, den sich Menschen so ausgedacht haben, auch keine Partei, die man in Realos und Fundis aufteilen kann. Wenn hier etwas verändert werden soll, dann nur im Einklang mit der gesamten Tradition, und nicht im Widerspruch zu ihr. Das moralische Koordinatensystem zur Bestimmung dessen, was Fortschritt bedeutet, muss immer Jesus Christus sein, und nicht zeitbedingte Vorstellungen oder allzu Menschliches.
Interessant wird es, wenn der Wunsch nach Veränderungen in der Kirche theologisch begründet wird, z.B. die Abschaffung oder weitestgehende Einebnung der hierarchischen Verfasstheit des Gottesvolkes unter Berufung auf den sog. „Geist des Konzils“ oder auf das Urchristentum, in welchem es angeblich keine Hierarchien gab. Für letzteres habe ich Verständnis, auch wenn die Behauptung unzutreffend ist. Es ist der Wunsch nach einer neuen Einfachheit, der Wunsch zurück in ein gutes „Früher“ , in dem alles besser und reiner war, weil man damals "natürlich" die reine Lehre gelebt hat, und näher am „Ursprung“ war. Wunschdenken. Der Baum hat keine äußerliche Ähnlichkeit mit dem Samenkorn, aus dem er erwachsen ist. Aber der Baum enthält alles was an Anlagen bereits im Samenkorn grundgelegt wurde. Die Kirche, die sich im Laufe der Jahrhunderte entfaltet hat, unter dem Beistand des ihr von Jesus versprochenen heiligen Geistes, hat sich zu ihrer heutigen Gestalt entwickelt. Es ist wichtig, dass sie dem säkularen Anpassungsdruck widersteht, sonst haben zukünftige Generationen keine Chance mehr sie in ihrer in Jahrhunderten gewachsenen Gestalt und Verkündigung kennenzulernen. Eine Umwandlung der Kirche in eine parlamentarischen Demokratie ist mit ihrer Sendung nicht zu vereinbaren, die Vorstellung, wir heute lebenden Menschen wüssten am besten wie die Kirche auszusehen hat, ist anmaßend. Die Orientierung an einer kirchlichen Autorität bewahrt uns vor dem Absinken in die Mittelmäßigkeit, und Gehorsam hat eine tiefe spirituelle Dimension, die mit Katzbuckelei und Kadavergehorsam nichts zu tun hat. Die politische „Aufladung“ innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland hat keine guten Früchte hervorgebracht. Wenn ich mir die Forderungen durchlese, die von reformorientierten Katholiken vorgebracht werden, kann ich bei einigen Forderungen einfach nur mit dem Kopf schütteln, denn es ist zu einem großen Teil eine Agenda, die dem profanen Alltag des gesellschaftlichen Lebens entnommen wurde. Keine Spur zum Thema Glaubensverlust in der Gesellschaft, sondern eher Flucht in einen seltsamen Reformaktivismus, der die Kirchenbänke wieder füllen soll aber nicht wird. Katholische Tradition steht unter Generalverdacht, wer die lateinische Liturgiesprache schätzt, oder - Gott behüte! - die Messe im außerordentlichen Ritus zu würdigen weiss, macht sich Verdächtig. Statt alte Liturgie - und Gebetsschätze wieder neu zu beleben, und sich aktiv mit den auch philosophischen Grundlagen des katholischen Glaubens vertraut zu machen, wird gefordert, das der Mensch mehr in den Mittelpunkt gerückt werden soll. Der Mensch? Nicht Christus??
Wo ist der Sinn für die Tradition, für das immer Wahre, Gute und Schöne? Am schlimmsten aber finde ich es, dass man schnell in eine rechtskonservative Ecke geschoben wird wenn man sich als romtreuer, und mit der Lehre der Kirche übereinstimmender Katholik "outet" - denn das wird gemeinhin nicht sehr geschätzt. Die Tatsache, dass innerhalb der katholischen Basis eine bestimmte Einstellung vorherrschend ist, und Abweichungen davon als konservativ oder gar reaktionär gebrandmarkt werden, kann schnell zu einer Radikalisierung führen, wie man anhand der Piusbruderschaft sehen konnte. Lässt man diesen Menschen mit ihren zum Teil auch berechtigten Anliegen keinen Raum mehr in der Kirche, kapseln sie sich immer mehr ein. So eine Entwicklung kann und darf uns nicht gleichgültig sein.

Freitag, 25. November 2011

Was ich noch sagen wollte...

Durch Zufall bin ich auf die Kontroverse gestoßen, die das papstkritische Lied "Mensch Benedikt" von Clemens Bittlinger in der Blogoszene ausgelöst hat. Ich habe mir den Text durchgelesen und kann nur sagen: So what? Das Lied ist plakativ und tendentiös, dem geneigten Hörer bietet es die üblichen Papstvorurteile im handlichen Songwriterformat. Es bietet vier zeitgeistkompatible und leichtverdauliche Standpunkte an, die dem Bedürfnis nach schneller Orientierung entgegenkommen. So weit - so schlecht, aber offen gesagt fällt es mir schwer die Empörung, die viele Leute über dieses Lied empfinden, nachzuvollziehen. Mir scheint, dass gibt der Anlass nicht her. Pfarrer Billinger ist eben ein typischer Repräsentant eines gefälligen Christentums, das möglichst niedrigschwellig daher kommen möchte, und in unserem nonkonformistischen Papst ein ideales Kritikobjekt hat, um sich zu profilieren. Ich habe, ehrlich gesagt, schon schlimmeres oder absurderes über unseren Papst gehört, wie wäre es damit: Eine junge Praktikantin, die für einige Wochen bei mir auf Station gearbeitet hat erzählte mir, dass sie niemals katholisch werden würde. Ich fragte sie weshalb, und ihre Antwort lautete: Weil in der katholischen Kirche zum Papst gebetet wird"... Das ist krass!!!

Montag, 21. November 2011

Liebeserklärung

Kürzlich kam ein Buch heraus mit dem Titel: "Liebeserklärung an die Kirche"
Hier ist meine:
Hurra ich bin Katholisch! Ja Sie haben richtig gehört, es ist schön katholisch zu sein, dieser von Christus selbst gestifteten Kirche anzugehören. Mir wird ganz schwindelig vor Glück wenn ich daran denke, welche Gnade der dreieinige Gott mir damit erwiesen hat. Womit habe ich das eigentlich verdient? Natürlich habe ich es nicht verdient, es ist unverdiente und ungeschuldete Gnade. Ich habe mich in diese Kirche verliebt, die die Verfolgungen in den ersten Jahrhunderten ihres Bestehens überstanden hat, in deren Reihe Heilige und Sünder einen Platz haben, die die ersten Universitäten gegründet hat, deren Mönche die Weisheiten der Antike aufbewahrt haben, und nach Kräften mithalfen, unwirtliche Landstriche urbar zu machen. Ja, viel von dem was für uns Heutige selbstverständlich erscheint, ist auf dem Boden der vielgeschmähten Kirche erwachsen, und schon allein dafür gebührt ihr Dankbarkeit. Ich bin voller Bewunderung dafür, dass diese Kirche allen Anfechtungen zum trotz auch heute noch Bestand hat, für mich fast schon ein Gottesbeweis, hat doch Jesus Christus deutlich gemacht, dass die Pforten der Hölle diese Kirche niemals überwinden werden, solange sie im Zeichen des Petrus vereint ist. Diese Kirche ist voller Weisheit, sie allein hat eine realistische Einschätzung von dem, was der Mensch ist. Sie allein vermag die Höhen und Tiefen dessen, wozu der Mensch fähig ist, zu ermessen - Heilige und Sünder, und das Sakrament der Versöhnung. Die Heiligen waren und sind nicht deshalb heilig, weil sie frei von Sünden waren oder sind, sondern weil sie trotz ihrer geschwächten Natur in besonderer Weise die Nachfolge Christi vorgelebt haben, weil durch ihr Wirken die Gnade Gottes in besonderer Weise zum Ausdruck kam. Wenn wir uns nicht über unsere Natur erheben, können auch wir der göttlichen Gnade teilhaftig werden, im Großen wie im Kleinen, denn wir alle sind, wie der Papst gesagt hat, zur Heiligkeit berufen. Gibt es etwas in dieser Welt, dass eine noch höhere Meinung vom Menschen hat als die katholische Kirche? Wenn ich mich heute betrachte kann ich sagen, dass ich ein schwacher und sündiger Mensch bin, der seine Abgründigkeiten hat und oft genug das Gute meidet und das Schlechte tut. Diese Selbsteinschätzung im Lichte des Glaubens der Kirche ist aber keineswegs Ausdruck von Selbstverachtung - oder gar Selbsthass, denn ich habe mich lieb und weiss mich als ein von Gott gewolltes und geliebtes Wesen. In den Untiefen meines gefallenen Menschseins begegnet mir Jesus Christus, der menschgewordene Gott, der die Erniedrigung des Menschseins auf sich nahm und uns bis zu seinem Kreuzestod geliebt hat - so sehr, dass er im Zeichen dieser Liebe den Tod überwand und nach drei Tagen auferstanden ist. Christus - gestorben für unsere Sünden. "Wo die Sünde groß geworden ist, wurde die Gnade übergroß", so heißt es im Römerbrief - für mich wie ein frohes Erwachen aus einem schlechten Traum.
Aber ich schweife ab, ich wollte doch eine Liebeserklärung an meine Kirche schreiben, aber mir wird klar, dass ich zum Wesentlichen abschweife, wenn ich mit eigenen Worten wiedergebe, was Generationen von Theologen sorgfältig und theologisch verantwortbar ausformuliert haben, nämlich das Zentrale Mysterium des christlichen Glaubens: Tod und Auferstehung Christi. Ich bin meiner Kirche dankbar dafür, dass sie durch die Jahrtausende hinweg für diesen Glauben gestritten hat und damit ihrer Sendung treu geblieben ist. Wäre sie untreu gewesen und z.B. dem Arianismus verfallen oder den Vielen anderen Häresien, wäre ich heute nicht imstande den authentischen Glauben der Kirche kennenzulernen.
Ich bin auch dankbar dafür, dass in der Kirche die ganze Fülle dessen bewahrt wurde, was die christliche Glaubenstradition ausmacht. Nie habe ich mich von ihren Dogmen eingeengt gefühlt, nie von lehramtlichen Verlautbarungen bevormundet. Diese Kirche stellt meine Art zu Leben infrage, und ist häufig ein offener Widerspruch, an dem ich mich abarbeiten muss. Sie stellt für mich ein wichtiges Korrektiv dar, an dem ich Wachsen kann und möchte. Auch wenn es mir oft schwerfällt: Ich zeige nicht mit dem Finger auf die Kirche der ich angehöre, mit der Forderung, sie möge ihre Ansichten bitte der heutigen Zeit anpassen, damit ich weniger stark im Gegensatz zu dem lebe, was ihr als das Richtige erscheint. Das wäre nicht aufrichtig.
Mutter Theresa hatte schon recht, als sie die Frage was sich in der Kirche ändern müsse, so beantwortete: "Sie und Ich".





Samstag, 19. November 2011

Aus der Rede des Papstes im deutschen Bundestag

"Es gibt auch eine Ökologie des Menschen. Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren kann. Der Mensch ist nicht nur sich selbst machende Freiheit. Der Mensch macht sich nicht selbst. Er ist Geist und Wille, aber er ist auch Natur, und sein Wille ist dann recht, wenn er auf die Natur hört, sie achtet und sich annimmt als der, der er ist und der sich nicht selbst gemacht hat. Gerade so und nur so vollzieht sich wahre menschliche Freiheit."

In diesem Sinne könnte man das Christentum vielleicht auch als eine etwas andere ökologische Bewegung betrachten, nämlich eine die versucht, auch die Ökologie der menschlichen Natur wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Wer von der Wahrung der Schöpfung spricht meint die gesamte Umwelt, aber nicht sich selbst, weil man ja das handelnde Subjekt ist, dass beginnt seine Umwelt zu schützen, wenn vielleicht auch nur, um den Fortbestand der menschlichen Spezies zu sichern. Umwelt erscheint immer als etwas außerhalb von uns stehendes, in das wir nicht mehr eingebettet sind, etwas von dem wir uns emanzipiert haben. Der Papst erinnert daran, dass wir Teil der Schöpfung sind, und dass die Verwüstung der Schöpfung nicht vor der Natur des Menschen, der ja Teil der Schöpfung ist, haltgemacht hat.
Zur Natur des Menschen gehört als homo religiosus auch der Glaube an Gott, weil hier im Gottesbezug die wahre Würde des Menschen begründet liegt, die heilige Schrift spricht von der Gottesebenbildlichkeit.
Aber was ist für uns gewonnen, wenn der Gottesbezug mehr und mehr verloren geht? Es ist für den Fortbestand der Menschheit  ebenso wichtig, sich um die Ökologie der eigenen Natur zu sorgen, wie um die Gesamtökologie unseres Heimatplaneten. Hier hat unser Papst wieder einmal die katholische Weite des Denkens demonstriert. Bravo!


Dienstag, 15. November 2011

Sinnfragen


"Religion bedeutet, sich leidenschaftlich die Frage nach dem Sinn des Lebens zu stellen" So lautete sinngemäß eine von mehreren Definitionen des Begriffes Religion, die im Rahmen eines Kurzseminars mit dem Thema "Religiöser Wahn" in der psychiatrischen Klinik in der ich arbeite, vorgestellt wurden. Daran nahm ein Teilnehmer, der sich dabei ausdrücklich als Atheist bezeichnete, Anstoß. Er kritisierte, dass die Formulierung polarisierend sei, da sie implizieren würde, dass ein areligiöser Mensch sich nicht leidenschaftlich mit dem Sinn des Lebens auseinandersetzen könne. Ich glaube der Teilnehmer wollte klarstellen, dass die Frage nach dem Sinn des Lebens auch aus areligiöser Perspektive gestellt werden kann und fühlte sich gewissermaßen in seinem Anliegen religiös vereinnahmt. Ich konnte seine Kritik verstehen, auch wenn ich sie nicht teilte. Selbstverständlich kann sich auch ein areligiöser Mensch leidenschaftlich die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen, die obige Definition, die übrigens recht dürftig ist, schließt eine solche Möglichkeit auch gar nicht aus, sondern sie drückt etwas aus, was zum Wesen aller Religionen  gehört, nämlich die Sinnfrage. Jedes tiefere Fragen nach dem Sinn berührt früher oder später zwangsläufig einen religiösen Horizont. Wer sich als Atheist die Frage nach dem Sinn des Ganzen stellt, ohne dabei die "Hypothese Gott" ernsthaft zu berücksichtigen, stellt dennoch eine religiöse Frage. Die Frage nach dem Sinn führt letztlich über uns selbst hinaus, wenn man sie nur konsequent genug stellt, denn Mensch und Welt erklären sich nicht aus sich selbst heraus, und es ist wohl Ausdruck menschlicher Hybris zu glauben, dass es doch so sein könnte. 
Meines erachtens stellt schon die prosaische Tatsache des Seins an sich ein ungeheures Wunder dar, ein Wunder dass so gewaltig ist, dass man es glatt übersieht, weil es eben so alltäglich und normal zu sein scheint, weil man so gar nicht darüber nachdenken braucht, schließlich geht die Sonne Morgens ja auch ohne unsere Hilfe auf... Wer aber als überzeugter Atheist nicht an Wunder glaubt, kann nur davon ausgehen, dass der Kosmos das Produkt eines kosmisch - komischen Zufalls ist, in dem keinerlei Sinn grundgelegt ist. Das aber bedeutet, dass jede Vorstellung von Sinn letztlich im luftleeren Raum schwebt, unser Leben wäre wie der Gang auf einem Drahtseil, welches über einen Abgrund der Sinnlosigkeit gespannt wäre. Vermutlich folgt daraus, dass die Frage nach dem Sinn des Lebens ohne Gott überhaupt nicht sinnvoll gestellt werden kann, weil Gott natürlich der Sinnbegriff schlechthin ist. Was bleibt dann noch? Bekennende Atheisten sind mir lieber als diejenigen, die sich nicht einmal Gedanken über die Sinnfragen machen. Es gibt viele Atheisten die ernsthafte Fragen an die Wirklichkeit stellen und die gegenüber den Religionen konstruktive Kritik üben, aber sie verzichten auf einen tragfähigen Sinnbegriff, der eine einheitliche Gesamtschau unserer Existenz ermöglicht und den Ursprung des Ganzen, nämlich den dreieinigen Gott, mit einbezieht. Für mich als Katholik ist eine Weltbetrachtung ohne Gott immer bloßes Stückwerk - also fragmentarisch. Wie beantwortet man als Atheist die alte Frage: Was ist der Mensch? Beantwortet man sie biologisch, soziologisch, psychologisch, ethnologisch oder vielleicht politisch? Es wäre naiv zu glauben, dass eine Zusammenschau aller Wissenschaften irgendwann einmal zu einer vollständigen Antwort kommt. Es ist interessant, dass der Mensch vom Affen abstammt, b.z.w mit den Affen zusammen einen gemeinsamen Vorfahren hat, aber beantwortet das die alte Frage nach dem was und wer wir sind?

Samstag, 5. November 2011

Aus meiner Gemeinde II

Am ersten November war das Hochfest Allerheiligen und ich habe die Messe besucht, froh darüber, dass das trotz Schichtarbeit möglich war, und wie so oft habe ich sie nicht frohen Mutes, sondern nachdenklich wieder verlassen. Die Messe fand nicht in der kleinen Filialkirche statt, in der ich vor zweieinhalb Jahren gefirmt wurde und die ich sonst aufsuche um an der heiligen Messe teilzunehmen, sondern in der Hauptkirche meiner Heimatstadtgemeinde, in die ich nur selten gehe. Und das aus gutem Grund. Die liturgischen Eigenmächtigkeiten dort nehmen allmählich überhand, und ich merke wie mich das zunehmend nervt. Das mir viele der neueren Kirchenlieder nicht so gut gefallen, mag Geschmackssache sein, aber das sich jemand die Mühe gemacht hat, überall das Wort "Brüder" mit Kugelschreiber sorgfältig durchzustreichen und durch Geschwister o.ä. zu ersetzen  kann ich nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen. Mittlerweile ist es Normalität geworden, dass Laien zusammen mit dem Priester die Kommunion (Handkommunion versteht sich) austeilen, auch wenn dies nur in Ausnahmefällen gestattet ist. In dieser Kirche belasse ich es bei einer geistigen Kommunion, denn als ich beim letzten Mal eine Mundkommunion empfangen wollte, hat mir der Priester die Hostie so fest auf die Zunge gedrückt, dass ich das als aggressiv empfand. Er hat wohl nicht damit gerechnet, und sein Gesichtsausdruck war alles andere als freundlich, eine Mischung aus Überraschung und Ärger. Es sind auch Laien, die die konsekrierten Hostien aus dem Tabernakel holen, obschon dies wie ich vermute, eigentlich dem Priester vorbehalten sein sollte. Auch die sicher gut gemeinte Geste, dass der Priester die Kommunion erst einmal an die Anwesenden Gläubigen austeilt, um danach zusammen mit den Ministranten in einer Reihe hinter dem Altar stehend selber zu kommunizieren, erfüllt mich mit sanfter Resignation. Was soll das? Das in dieser Kirche beim Vater unser obligatorisch der Embolismus weggelassen wird finde ich ebenfalls unangebracht, handelt es sich dabei doch um eine liturgische Eigenmächtigkeit die nicht erlaubt ist, wie so vieles andere auch. Zum Schluss fiel mir dann noch auf, dass der Priester zum Abschlusslied nicht die Alterstufen herunterging und sich mit den Ministranten dem Altar zuwandte, sondern am Ambo stehenblieb, und mit Blick auf die Anwesenden das Lied mitgesungen hat. Warum? Hat er Angst, dass die Anwesenden Laien es als abwertend empfinden könnten, wenn der Priester ihnen für die Dauer eines ganzen Liedes den Rücken zuwendet?  Kurz bevor das Lied zuende war stieg er dann mit den Ministranten die Altarstufe herunter, verbeugte sich kurz in Richtung Altar und ging in die Sakristei. Noch bevor der letzte Ton verklungen war, begab sich der größte Teil der Gemeinde dann laut miteinander redend nach draußen, fast so als wäre man im Kino gewesen und der Film ist aus. Ein Pastoralreferent, mit dem ich mich vor einem Jahr einmal unterhielt, sagte mir, dass er eine zunehmende Klerikalisierung der Kirche befürchtet, b.z.w. eine Rückkehr der Kirche zu den alten Verhältnissen, die, wie ich dann wohl annehmen sollte schlecht gewesen waren. Dies deckt sich mit den Befürchtungen vieler Katholiken die einer verstärkten Demokratisierung der Kirche das Wort reden. Da ich erst seit ca. zweieinhalb Jahren Glied der Römisch-Katholischen Kirche bin, habe ich viele Entwicklungen der Kirche nicht mitverfolgt, aber ich weiss, dass man den römischen Ritus in der ordentlichen Form durchaus auch angemessen und würdig feiern kann, wenn man sich an die liturgischen Vorgaben hält. Wenn die oben beschriebene Messe das Produkt einer Demokratisierung der Kirche ist, kann ich das nur skeptisch sehen, denn das Gefühl für die Bedeutung der Liturgie geht immer stärker verloren, wenn man sie zu einem Projekt der gesellschaftlichen Emanzipation macht. Der Priester macht dann sowenig wie möglich selbst und gibt lieber demonstrativ zu verstehen, dass er "einer von uns ist", was auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass er sich ansonsten bürgerlich kleidet, und so für niemanden mehr als katholischer Geistlicher erkennbar ist. Ich finde das einfach nur traurig.

Samstag, 29. Oktober 2011

Ein paar Gedanken zur Zeit

Was sind die Ursachen für die seltsame Gezeitenebbe des christlichen Glaubens in Westeuropa? Woran glauben die Menschen, die sich nicht ausdrücklich als atheistisch begreifen, aber weder vom Christentum, noch von anderen Großreligionen etwas wissen wollen? Natürlich gab es immer Menschen die nicht an Gott oder Götter geglaubt haben, aber es scheint klar zu sein, dass der Mensch immer schon, seit seinem Bestehen, nach dem Ursprung aller Dinge gesucht hat. Bezeichnenderweise eine Suche die sich mit innerweltlichen Erklärungen nicht zufrieden gab, sondern über sich selbst hinausführte. Daher ist diese Suche für mich eine anthropologische Konstante und der Mensch, wie es im katholischen Ewachsenenkatechismus heißt, ein religiöses Wesen. Gott - das ewige Gerücht ( R. Spaemann ). Könnte es wirklich sein, dass der Mensch mit der Frage nach Gott irgendwann einmal an ein Ende kommt? Könnte es sein, dass dieses Ende dann so aussieht, dass die Menschen sich selbst genügen und die Fragen nach dem großen und tiefen Sinn des Ganzen ausschließlich aus dem diesseitigen Leben beantworten?

"Wenn der Menschensohn wiederkommt, wird er dann noch auf Erden den Glauben finden?“, fragt Jesus im Lukasevangelium.

Wahrlich ein prophetisches Wort, man könnte denken, es bezieht sich auf die heutige Zeit. Es war in den letzten Jahren viel die Rede von einer Rückkehr der Religion in der Gesellschaft, aber ich glaube das nicht. Auch der Papstbesuch in Deutschland wird wohl nicht viel am allgemeinen Trend ändern können, zu schwach ist die Bereitschaft vieler Menschen, sich einer verpflichtenden Religiosität zu stellen. Interessant finde ich, dass es viele Menschen in meinem Bekanntenkreis gibt, die durchaus an Übernatürliches glauben, aber es bleibt vielfach konturlos, und was unter dem Begriff der Spiritualität daherkommt ist oft wiedersprüchlich und selbstgemacht. Überhaupt Spiritualität, dieses Wort erscheint mir unglaublich mißbraucht und zweckentfremdet worden zu sein. Es dient mehr dem persönlichen Wohlbefinden und Lebensgefühl, als einer wirklich ernstgemeinten Suche nach Gott. Letztlich etwas, dass unter Nützlichkeitsaspekten "konsumiert" wird, solange es sich gut anfühlt und einem nichts abverlangt.
Für mich ist eine solche Haltung nicht wahrhaftig, steht sie doch in einem krassen Gegensatz zu den  Evangelien in denen es eben gerade nicht darum geht, dass eigene Ego zu bedienen:

"Wer mein Jünger sein will, verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen" (Mt 16,25).

Genau das ist das Unwarhaftige heutiger Neoreligiosität, dass sie nicht mehr bereit ist, für den eigenen Glauben auch Konsequenzen zu akzeptieren, vor allen Dingen solche, die im Widerspruch zum heutigen Mainstream stehen. Besonders im Bereich der Moral wird das Christentum als Zumutung empfunden, wenn es nicht gerade um Nächstenliebe geht, die ja jeder irgendwie ganz ok. findet. Man glaubt einen Wald aus Stoppschildern zu sehen, fragt aber nicht mehr, welches Gut durch ein Verbot geschützt werden soll. 
Nein, ich glaube nicht an eine Rückkehr der Religion, zumindest für Europa sehe ich keine Anzeichen dafür. Der Rückzug des christlichen Glaubens wird voranschreiten und es bleibt die Frage wie es weitergehen wird. Die Fähigkeit des Menschen die Zukunft sicher vorherzusagen ist, wie man weiss, äußerst begrenzt, aber wenn es keine neue Flut gibt, wird das zurückweichende Wasser wohl materielle Wüsten hinterlassen.
Eines aber tröstet mich: Die Hand, die Gott uns durch seinen Sohn gereicht hat, wird nicht zuückgezogen und bleibt für jeden erreichbar, der aufrichtig sucht und guten Willens ist. Jene Quelle wird nicht versiegen von der geschrieben steht:

"Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird in Ewigkeit nicht mehr Durst haben; Vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser in das ewige Leben sprudelt". ( Joh. 4, 14 )

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Gute Nachrichten aus Luxenburg

Der europäische Gerichtshof hat in einem Grundsatzurteil die Patentierbarkeit von embyonalen Stammzellen verboten, es sei denn das Verfahren nützt dem Embryo selber, z.B. höhere Überlebenswahrscheinlichkeit, Verhinderung von Mißbildungen. Hintergrund war ein Rechtsstreit um die Herstellung von Nervenvorläuferzellen, die ein Neurobiologe aus embryonalen Stammzellen gewonnen hatte. Auf dieses Verfahren wollte er ein Patent anmelden lassen, wogegen Greenpeace (!) geklagt hatte. Das Bundespatentgericht hat dann die Patentierung als sittenwidrig zurückgenommen. Danach ging das Verfahren zum Europäischen Gerichtshof der entschieden hat, dass Verfahren, die aus der Forschung mit e.S. gewonnen werden, nicht patentiert werden dürfen, wenn dafür Embryonen zerstört werden. Der europäische Gerichtshof definierte dabei, dass eine Eizelle vom Zeitpunkt ihrer Befruchtung bereits rechtlich als Embryo gelten muss. Im Gegensatz dazu ist es z.B. in Frankreich so, dass an einer Eizelle bis zu 2 Wochen nach ihrer Befruchtung noch geforscht werden darf, also bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie sich in der Gebärmutter einnisten würde.
Ich bin froh über dieses Urteil, denn wie sollte es Menschen möglich sein, in aller Klarheit zu bestimmen, ab welchem Zeitpunkt menschliches Leben beginnt?? Mir ist die Vorstellung unheimlich, dass bei künstlichen Befruchtungen mehrere Embryonen entstehen, von denen die Überzähligen eingefroren werden, um dann später zu Forschungszwecken wieder aufgetaut zu werden. Danach lässt man sie ein wenig heranwachsen und entnimmt ihnen dann die zur Forschung vorgesehenen Stammzellen. Dabei wird der Embryo zerstört, selbstverständlich zum Wohle der Menschheit. Meines erachtens verstoßen die künstliche Befruchtung und das anschließende Einfrieren bereits gegen die Würde menschlichen Lebens. Dass viele Menschen über eine solche Argumentation mit dem Kopf schütteln wundert mich nicht, denn, so sagen sie, was hat eine wild um sich teilende Zelle mit einem Menschen zu tun? Wo sind Arme, Beine, Gesicht, Stimme etc? Was nicht wie ein Mensch aussieht, bzw. sprechen kann, kann auch (noch) kein Mensch sein. Zu einem Baby hat man eine emotionale Bindung, aber zu einer befruchteten Eizelle? Weder das visuelle, noch das emotionale Argument überzeugen mich. Menschliches Leben ist prozesshaft, von der Befruchtung der Eizelle bis zum Tod des Menschen, daher ist jede Festlegung, ab wann es denn nun ein Mensch ist, willkürlich. Es gibt keine Zäsur ab der man sagen kann: Jetzt ist es ein Mensch, z.B. ab dem dritten Schwangerschaftsmonat, oder nach dem Sechsten, oder vielleicht nach der Geburt, oder nach Vollendung des 18. Lebensjahres. Medizinisch ist es nicht möglich einen solchen Zeitpunkt festzulegen, und hier nach emotionalen Gesichtspunkten zu entscheiden ist schlicht inakzeptabel.
Die Grundlagenforschung an e.S. ist auch weiterhin erlaubt, aber ich hoffe, dass durch dieses Urteil die Forschung an pluripotenten  Stammzellen einen neuen Schub erhält, denn das solche Zellen ein hohes Potential für künftige Therapien zur Bekämpfung von Krankheiten haben ist unbestritten, aber die ethischen Bedenken sind hier weitaus geringer.
Hier ein interessantes Interview mit Robert Spaemann, das gut zum Thema passt.

Samstag, 15. Oktober 2011

Ein kleiner Umweg

Gestern Abend bin ich auf dem Weg zu einer Feier durch die Innenstadt gegangen, und konnte schon von weiten  Glockenläuten hören. Spontan bog ich ab und machte einen "Umweg" zu der großen alten Kirche, die sich auf dem zentralen Platz der Altstadt befindet, und lauschte beim Näherkommen dem immer lauter werdenden Klang der Glocken. Es gab früher Momente in meinem Leben wo ich das als Lärm empfunden hätte, aber diesmal war es anders. Ich war lange nicht mehr in der Innenstadt und plötzlich empfand ich Freude, und das Glockenläuten war mir wie Musik in meinen Ohren. Ich blickte zum Glockenturm der Kirche hinauf und betrachtete dann die Menschen die um mich herum waren und ihren Angelegenheiten nachgingen. Sie schienen sich ebenfalls nicht daran zu stören, ja sie wirkten fast so als würden sie die Glocken gar nicht wahrnehmen, wie ein Hintergrundgeräusch, dass man nicht weiter beachtet. So könnte es auch mit mir sein, aber ich bin schon lange kein Mensch mehr der einfach an einer Kirche vorbeigeht, v.a. wenn es eine ist, die ich noch nicht kenne. Fast immer nehme ich die Kirche in Augenschein und versuche sie zu betreten, obwohl man heutzutage nur allzu oft vor verschlossenen Türen steht...
Zurück zum gestrigen Abend, ich stand vor der Kirche und beim Klang der Glocken wurde mir klar, dass er für mich Ausdruck eines uralten Erbes ist, dass einmal die kulturschaffende Größe dieses Kontinents war, und dass das Christentum mit seiner Überlieferung jener tiefe Grund sein soll, in den ich meine Wurzeln versenken möchte um die nötige "geistliche Nahrung" zu empfangen die nötig ist, um in diesem Leben zu Gott hin wachsen zu können. Ich empfand plötzlich Dankbarkeit für jene Menschen, die ihr Leben in den Dienst Gottes stellen, und für die Bewahrung des christlichen Erbes eintreten.
Gerade heute sicher keine einfache Aufgabe mehr!
Ich musste weiter und merkte, wie das Läuten langsam weniger wurde,  ich fühlte mich gestärkt und war froh, den kleinen "Umweg" gemacht zu haben.

Dienstag, 11. Oktober 2011

Glaube und Zweifel

Natürlich gibt es bei mir Zeiten des Zweifels, also Stunden oder manchmal sogar Tage in denen ich die Existenz Gottes infrage stelle. Aber ich muss den Gedanken daran, dass Gott nicht existiert nur konsequent genug zu Ende denken, und schon kippt es wieder wie von selbst... Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass der Glaube an eine uns übersteigende  - und somit transzendente Macht - für viele Menschen eine Zumutung darstellt. Eine Zumutung für unser Autonomiebestreben, eine Zumutung für unser Bedürfnis nach Selbstverwirklichung und wohl auch eine Zumutung für den Verstand. Bei mir ist es aber umgekehrt, ich bin überzeugt davon, dass nichts eine größere Zumutung für unsere Vernunft darstellt als die Vorstellung einer Welt die aus dem Nichts entstanden ist und die sich durch blinden Zufall und Notwendigkeit entwickelt hat. Was ist an einer solchen Vorstellung vernünftiger als die Annahme eines sinnvollen Urgrundes der alles ins Sein gerufen hat? Mittels der Wissenschaft lässt sich der metaphysische Graben nicht überbrücken, dies kann nur im Glauben geschehen. Der Glaube bedeutet keine Absage an die Vernunft, sondern bezieht diese ausdrücklich mit ein, allerdings mit der Einschränkung, dass der entscheidende Akt des Glaubens das Vertrauen ist, und somit der Sprung in Gottes Hand. An Gott zu glauben bedeutet an die Einheit von Sein und Sinn zu glauben, daran dass Gott nicht unsere, sondern das wir Seine Idee sind. Es bedeutet an die Wahrheitfähigkeit des Menschen zu glauben. Eine Absage an Gott wäre in der Konsequenz ein Leben im Absurden, es würde bedeuten, dass unsere Vorstellungen von Sinn und Vernunft im luftleeren Raum schweben würden ohne Anhalt in irgendetwas, denn wenn das Universum sinnlos ist, was ist dann Sinn? Wenn die Welt das Produkt eines blinden Zufalls ist, was bedeutet dann Vernunft? Vielleicht ist es eine Art heroischer Nihilismus, der trotz solchen Fragen weiter an die Absurdität des  Lebens glaubt, aber meint es eben aushalten zu müssen. Immerhin eine irgendwie respektable Haltung, aber leider auch pure Resignation.
In irgendeiner Internetseite las ich kürzlich etwas von einem rumänischen Nihilisten der gesagt haben soll, dass er in seinem Leben nur wenige Menschen getroffen hat die wirklich glauben, und wenige die wirklich nicht glauben. Die meisten, so soll er gesagt haben, treiben in dem grauen nebligen Meer zwischen beiden Küsten, mal näher der einen, mal der anderen Seite. Das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen. Auf diesem Meer können wir einander im Zweifel oder im Glauben begegnen.
Papst Benedikt XVI hat einmal folgendendes zum Thema Glauben und Zweifel geschrieben:

" Es ist die Grundgestalt menschlichen Geschicks, nur in dieser unbeendbaren Rivalität von Zweifel und Glaube, von Anfechtung und Gewissheit die Endgültigkeit seines Daseins finden zu dürfen. Vielleicht könnte so gerade der Zweifel, der den einen wie den andern vor der Verschließung im bloß Eigenen bewahrt, zum Ort der Kommunikation werden". ( Einführung in das Christentum, München 1968,23 f )

Sonntag, 9. Oktober 2011

Aus meiner Gemeinde

Wie tief ist der Riss der durch die katholische Kirche in Deutschland geht? Ein Beispiel:  Der Pfarrer in meiner Gemeinde hat vor drei Monaten einen Versuch gestartet, jeden Monat eine Messe in lateinischer Sprache zu feiern und sah sich dadurch heftigen Anfeindungen ausgesetzt. Warum? Weil offenbar viele Katholiken meiner Gemeinde darin einen Schritt sahen, die Kirche wieder ins Mittelalter zurückzuführen. Es geht hierbei nicht um die alte Messe im "usus antiquior" des römischen Ritus, sondern um eine Messe in der Art und Weise, wie sie der Papst im Olympiastadion in Berlin gefeiert hat. Offenbar ist das Lateinische als Messsprache für viele Katholiken Inbegriff des Bösen schlechthin. Die Messe in der Landessprache zu feiern wird als fortschrittliche Errungenschaft gefeiert, hinter die man auf keinen Fall wieder zurückgehen darf. Das ist umso seltsamer, als das die Abschaffung der lateinischen Sprache in der Messe überhaupt nie vorgesehen war. Nach dem zweiten vatikanischen Konzil wurden hier jedoch Tatsachen geschaffen, die weit über die Intentionen der Konzilsväter hinausgingen. Nun bin ich sicher kein Gegner einer Messe in der Landessprache, aber die völlige Abschaffung des Lateinischen in der hl. Messe ist aus meiner Sicht ein Fehler. Es würde der Kirche guttun, wenn sie sich wieder an den Reichtum der liturgischen Tradition erinnern würde, wozu eben auch jene Sprache gehört, die jahrtausendelang in der Messe selbstverständlich war. Das Argument, dass kein Mensch Latein versteht überzeugt mich nicht, denn es gibt sehr gute Übersetzungen und es schadet nicht, wenn man sich auf diese Weise neu mit den liturgischen Texten auseinandersetzt. Vielleicht entdeckt man so aufs Neue ihren Reichtum. Latein ist eine tote Sprache und somit keinem Sprachwandel mehr unterworfen, daher eignet sie sich sehr gut für das Aussprechen von unveränderlichen Wahrheiten und hebt sich in wohltuender Weise von der Alltagssprache ab. Dem Lateinischen ist ein gewisser Vefremdungseffekt zueigen, der deutlich macht, dass hier etwas stattfindet, dass aus der Sphäre des Profanen enthoben ist. Mir ist das sehr wichtig!
Gäbe es auch Messen auf Latein in den katholischen Ortskirchen, wäre das auch ein schönes Zeichen der Einheit der Universalkirche. Nein - es ist kein Fortschritt wenn man die lateinische Sprache ganz außen vor lässt, es scheint mir eher ein Mangel an liturgischem Verständnis zu sein. Hier handelt es sich um einen Bruch mit einer Tradition der eigentlich noch viel tiefer geht.
Seit drei Monaten findet jeden Monat einmal eine Messe auf Latein statt, die von 20 - 30 Menschen regelmäßig besucht wird. Für diesen Monat ist auch eine geplant, aber dies wurde im Mitteilungsblatt meiner Gemeinde nicht erwähnt. Zufall...?

Freitag, 7. Oktober 2011

Der Konvertit

Noch heute bin ich dem Pfarrer der Christengemeinschaft in meiner Stadt dankbar dafür, dass er es vermochte, mir den gekreuzigten Christus - und damit den christlichen Glauben - näherzubringen. Er schaffte es, meine Skepsis und meinen Argwohn gegen alles Christliche zu mildern und so den Weg zu weisen, der mich langsam in den Glauben hineinführen würde. Keine geringe Leistung! Für mich als spirituellen Sinnsucher war die Christengemeinschaft das wohl denkbar "niedrigschwelligste Angebot" das ich mir vorstellen konnte. Sie verband herkömmliches Christentum mit esoterischen Elementen aus der Anthroposophie. Eine offizielle Lehre, oder gar Dogmen wie bei den Katholiken gab es hier nicht. Die Christengemeinschaft wurde in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts mit Hilfe von Rudolf Steiner aus der Taufe gehoben. Es ist nicht übertrieben wenn man sagt, dass der christliche Glaube hier im Lichte der Anthroposphie gedeutet wird. Daher stehen Vorstellungen wie von der Präexistenz der Seele, und der Reinkarnation für die Christengemeinschaft in keinem Gegensatz zum christlichen Glauben, nur das die Großkirchen das in ihrer Sicht aus Bewusstseinsgründen (noch) nicht erkannt haben. Mir gefiel das außerordentlich gut, hinzu kam der ausgeprägte Sinn für die Liturgie und die spirituelle Nestwärme, die gerade die kleineren Gemeinden noch haben. Ich begann mich mit der Esoterik Rudolf Steiners zu beschäftigen, und empfand sie schon bald als Zumutung für den Verstand. Zum Beispiel die bizarre Lehre von den zwei Jesusknaben, mit der Rudolf Steiner die unterschiedlichen Stammbäume im Matthäus und Lukasevangelium erklärt. Auch die erkenntnistheoretischen Grundlagen der Anthroposophie waren mir nicht geheuer, zumal man Herrn Steiners Ideen für mein Empfinden ausgesprochen kritiklos gegenüberstand. Meine anfängliche Begeisterung begann sich allmählich abzukühlen.
Ich begann mich mit "Aussteigerliteratur" zu beschäftigen, also Erfahrungsberichte von Menschen, die der anthroposophischen Gesellschaft und/oder der Christengemeinschaft den Rücken gekehrt haben und sich der katholischen Kirche zuwandten. Besonders ein Buch war für mich wegweisend: "Anthroposophie und Kirche - Erfahrungen eines Grenzgängers" von Professor Martin Kriele. Ebenfalls hilfreich war ein anderer Autor, der der katholischen Kirche sehr nahestand, und deshalb von manchen Anthroposophen angefeindet wurde -  Valentin Tomberg.
Beide fanden in der katholischen Kirche eine spirituelle Heimat, was mich sehr beeindruckt hat, denn Valentin Tomberg blieb Zeit seines Lebens der Anthroposophie verbunden. Wie, so fragte ich mich, ist es möglich, dass ein Anthroposoph in der Kirche heimisch wird ohne sich eingeengt zu fühlen? Das Gegenteil war ja der Fall, Tomberg hat sämtliche Dogmen der Universalkirche anerkannt. Das passte nicht zu meiner Vorstellung von einer hartherzigen Kirche die ihre Mitglieder bevormundet und nichts neben sich gelten lässt.
Ich fing an mich mit katholischer Literatur zu befassen, tauchte ein in die tiefgründige katholische Geisteswelt und allmählich begann sich mein Herz aufzuschließen und immer empfänglicher zu werden.
So kam es dann, dass ich zwei Jahre nach meiner Begegnung mit der Christengemeinschaft den endgültigen Wechsel vollzog und zur katholischen Kirche konvertierte, denn vorher war ich evangelisch-lutherisch ohne mich dort jemals heimisch gefühlt zu haben.

Herzlich Willkommen

Herzlich Willkommen !!
Mir geht es in diesem Blog darum, als Katholik zu Fragen des Glaubens, der Ökumene und zu aktuellen Themen rund um die Universalkirche Stellung zu beziehen.
Ich hoffe, dass dieser Blog Euer Interesse wecken wird und freue mich auf Kommentare und Rückmeldungen.